Advent: Türen, Tore, Durchblicke

Beuge dich nur angesichts niedriger Türen,
nie aber vor den Menschen dahinter.

Martin Gerhard Reisenberg

Seit dem 2. November 2015 geschlossen: das Besucherbergwerk "Drei Kronen Ehrt" bei Rübeland im Harz. Foto: Lars Friedrich

Seit dem 2. November 2015 geschlossen: das Besucherbergwerk „Drei Kronen Ehrt“ bei Rübeland im Harz. Foto: Lars Friedrich

22.12.2015: GLÜCK AUF – Der Gruss der Bergleute erklang auch einst auf der ehemaligen Schwefelkiesgrube „Einheit“. Bergleute begannen nach der Stilllegung mit dem Aufbau des Besucherbergwerkes. Seit seiner Eröffnung hat es weit über eine halbe Million Besucher angelockt und die schwere und mühselige Arbeit der Harzer Bergleute näher gebracht. Seit November 2015 ist dieses unerreichbare und bedeutende Besucherbergwerk für immer geschlossen. Es zeugte einst von der Möglichkeit, eine Seite des menschlichen Könnens und Schaffens in seiner Mannigfaltigkeit zu erleben.

Advent: Türen, Tore, Durchblicke

Wenn man durch geöffnete Türen kommen will, muß man
die Tatsache achten, daß sie einen festen Rahmen haben.

Robert Edler von Musil
österreichischer Dramatiker 

Mundloch des St. Mathias Erbstollen. Foto: Lars Friedrich

Mundloch des St. Mathias Erbstollen. Foto: Lars Friedrich

17. Dezember 2015: St. Mathias Erbstollen war einst eine Zeche in Bochum, die 1773 gegründet wurde. Der Erbstollen verlief parallel zur Baaker Straße unmittelbar durch den Rauendahler Sprung. Wohl am 24. Februar 1869 wurden St. Mathias Erbstollen, Zeche Vereinigte Dickebaeckerbank & Anna Catharina sowie Zeche Johann Friedrich vereinigt zur Zeche Baaker Mulde.

Advent: Türen, Tore, Durchblicke

Am Barbaratage holt‘ ich
drei Zweiglein vom Kirschenbaum,
die setzt‘ ich in eine Schale,
drei Wünsche sprach ich im Traum.

Martin Greif (1839 – 1911)
Deutscher Bühnenautor und Lyriker

Mundloch des Elisabeth-Stollens des Erlebnisbergwerks Villanders in Südtirol. Foto: Lars Friedrich

Mundloch des Elisabeth-Stollens des Erlebnisbergwerks Villanders in Südtirol. Foto: Lars Friedrich

4. Dezember 2015 – Barbaratag: Das Bergwerk Villanders am Pfunderer Berg in Südtirol war im Mittelalter eines der bedeutendsten Bergabbaugebiete Tirols. Nach seiner Stilllegung Anfang des 20. Jahrhunderts geriet es in Vergessenheit. Durch die Arbeit des Kultur und Museumsvereines Villanders wurde das Bergwerk am Pfunderer Berg in den letzten Jahren renoviert und zählt nun zu den wenigen Bergwerken in Südtirol welche auch von der Öffentlichkeit besichtigt werden können. Nach einer alten Tradition werden am Barbaratag, dem 4. Dezember, Kirschzweige verschenkt und ins Wasser gestellt. Blüht der Kirschzweig am Weihnachtstag, verheißt dies dem Beschenkten Glück im neuen Jahr. Der Brauch geht auf die Legende der Heiligen Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, zurück, die auf Grund ihres Glaubens verfolgt wurde. Bei Ihrer Flucht verfing sich ein Kirschzweig in ihrem Kleid. Sie pflegte den abgebrochenen Zweig liebevoll, woraufhin er 20 Tage später, an Heiligabend, zu blühen begann und sie mit Glück und Hoffnung erfüllte.

Texte wie brennende Kohle: Vor 50 Jahren starb O. Wohlgemuth

Wer kennt heute noch August Heinrich Gustav Otto Wohlgemuth? Fast scheint es, als habe seine Heimatstadt den Arbeiter- und Heimatdichter vergessen:  Ein kurzer Weg an der Nordstraße und sein Ehrengrab auf dem Kommunalfriedhof an der Waldstraße erinnern noch an den Bergmann, über dessen Texte der Literatur-Nobelpreisträger Gerhard Hauptmann (1862-1946) gesagt haben soll, der Hattinger habe eine Ausdrucksform gefunden, in der „etwas lodere wie brennende Kohle“.

Beisetzung von Otto Wohlgemuth am Mittwoch, den 18. August 1965, auf dem Kommunalfriedhof an der Waldstraße. Foto: Heimatverein

Beisetzung von Otto Wohlgemuth am Mittwoch, den 18. August 1965, auf dem Kommunalfriedhof an der Waldstraße. Foto: Heimatverein

Am Samstag, 15. August 2015, erinnert der Heimatverein Hattingen öffentlich an sein Ehrenmitglied Otto Wohlgemuth, der vor 50 Jahren im Bügeleisenhaus am Haldenplatz verstarb: Um 11.30 Uhr lege ich in meiner Funktion als Vereinsvorsitzender zusammen mit Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch an Wohlgemuths Ehrengrab auf dem Kommunalfriedhof einen Kranz nieder – ehemalige Knappen im Bergkittel halten, wie schon bei seiner Beisetzung, die Ehrenwache. Die kurze Gedenkveranstaltung ist öffentlich, Gäste sind willkommen.

Otto Wohlgemuths Geburtshaus an der Langenberger Straße 5. Foto: Werth/Sammlung Heimatverein

Otto Wohlgemuths Geburtshaus an der Langenberger Straße 5. Foto: Werth/Sammlung Heimatverein

Otto Wohlgemuth wurde am 30. März 1884 als sechstes von 13 Kindern einer Bergarbeiterfamilie in einem nicht mehr existierenden Fachwerkhaus an der Langenberger Straße in Hattingen geboren. Er verlebte seine Kinder- und Volksschulzeit in ärmlichsten Verhältnissen in Hattingen. 1898 zog die Familie ins benachbarte Linden um, wo Otto die Volksschule abschloss und eine Lehre als Former in der Wolffschen Eisengießerei begann. Bereits 1900 brach er die Lehre ab, um im besser bezahlten Bergbau auf der Zeche Friedlicher Nachbar zu arbeiten. Dies wurde für ihn in vielerlei Hinsicht ein prägender Lebensabschnitt: Er begann, eigene Erlebnisse in Wort und Bild auszudrücken. Parallel zu seiner Arbeit unter Tage schulte Wohlgemuth autodidaktisch seine dichterischen und künstlerischen Talente. Dies erschienihm als die einzige Möglichkeit, aus seiner Stellung heraus Zugang zum Bürgertum zu finden. Entsprechend dem bürgerlichen Bildungsideal setzte er sich mit klassischer Musik, Theater, Literatur und den großen Meistern der Kunst auseinander.

Wohlgemuth im Bügeleisenhaus. Sein Lehnstuhl wird derzeit in der Bergbnau-Ausstellung gezeigt. Foto: Heimatverein

Wohlgemuth im Bügeleisenhaus. Sein Lehnstuhl wird derzeit in der Bergbnau-Ausstellung gezeigt. Foto: Heimatverein

Wohlgemuth arbeitete bis 1923 als Bergmann, nur kurz unterbrochen von einer Tätigkeit als Bürogehilfe. 1923 gab er den Beruf des Bergmanns endgültig auf und fand in Gelsenkirchen-Buer eine Anstellung als Bibliothekar in der Stadtbibliothek. Am 1. Juni 1929 wurde er offizieller Leiter der Volksbücherei Gelsenkirchen. Seine  umfassende und anstrengende Tätigkeit für die Bibliothek, in der er auch Vorträge, Lesungen und Kunstausstellungen organisierte,ließ seine literarische Tätigkeit  vorübergehend in den Hintergrund treten. 

Das dichterische Gesamtwerk Otto Wohlgemuths umfasst Prosa und Lyrik. Dabei überwiegt der Anteil der aus eigenen Erlebnissen entstandenen Bergmannsgedichte bei weitem. Anschaulich und zuweilen pathetisch beschrieb der Bergmann in seinen Gedichten und kurzen Erzählungen die Gefahren und extremen Arbeitsbedingungen, denen die unter Tage tätigen Männer Tag für Tag ausgesetzt waren. Wohlgemuth wusste seine Leser besonders dadurch zu beeindrucken, dass er die Sprache der Bergleute kannte und sprach. Weiterlesen

Im Berg zu Besuch: Ein Beitrag zur Blogparade #UNTERHAT

Im Vorgriff auf die nächste Sonderausstellung im Museum im Bügeleisenhaus im kommenden Jahr lädt der Heimatverein Hattingen zu einer Blogparade ein: 2015 dreht sich in dem Hattinger Museum alles um das Themas HATTINGEN UNTERTAGE. Mein Beitrag zur Blogparade #UNTERHAT trägt den Titel „Im Berg zu Besuch“.

Der Eingang zum Pfunderer Bergwerksstollen bei Villanders in Südtirol. Foto: Lars Friedrich

Der Eingang zum Pfunderer Bergwerksstollen bei Villanders in Südtirol. Foto: Lars Friedrich

Ich war im Berg zu Besuch – aber nicht in Hattingen, sondern in Südtirol. Im letzten Urlaub habe ich mir zwei Bergwerke angeschaut, die mich sehr beeindruckt haben: den Pfunderer Bergwerksstollen bei Villanders und die BergbauWelt Ridnaun Schneeberg. Was die beiden unterirdischen Locations vom Bergbau meiner Heimatregion NRW unterscheidet: die Knappen suchten in den Bergen nicht nach Kohle, sondern nach Erzen. Das war zwar nicht weniger ungesund und knochenbelastend als das Schürfen von Kohle, aber die unterirdischen Felsengänge mussten nicht abgestützt werden und schlagende Wetter drohten auch nicht.

Die BergbauWelt Ridnaun Schneeberg verfügt über die komplett erhaltene Produktionskette eines Bergwerks. Die Anlagen zum Abbau, Transport und zur Aufbereitung erstrecken sich vom Bereich auf etwa 1400 m bis auf 2700 m Höhe. Foto: Lars Friedrich

Die BergbauWelt Ridnaun Schneeberg verfügt über die komplett erhaltene Produktionskette eines Bergwerks. Die Anlagen zum Abbau, Transport und zur Aufbereitung erstrecken sich vom Bereich auf etwa 1400 m bis auf 2700 m Höhe. Foto: Lars Friedrich

Der erste Besuch unter Tage führte mich zunächst einmal auf einen Berg: Das Erzlager des Südtiroler Schneeberges zieht sich in einer Meereshöhe von 2.000 bis 2.500 Meter durch den Bergkamm, der das Ridnauntal vom Passeiertal trennt. Ganz so hoch war ich aber dann doch nicht, denn meine Visite galt der Erzaufbereitung auf 1.400 Metern in Ridnaun. Von dort fuhren die Knappen ab den 1960er Jahren mit einer Schwebebahn bis auf Höhe 2.000 und anschließend mit der Grubenbahn durch den Poschhausstollen zum Erzlager. Und hier wurde das gebrochene Gestein auch aufbereitet – ab 1925 wurden Silber, Blei und Zinkblende teilweise mit hochgiftigen Stoffen vom tauben Gestein getrennt. Die giftige Chemie für diesen Flotationsprozess (Phenole, Cyanide, Salze und Öle) wurden einfach in den Wildbach entsorgt… Weiterlesen