Schulanfang 1975: Als mein blauer Hase im Keller ertrank

Während morgen für die meisten Schülerinnen und Schüler in Hattingen die Schule losgeht, beginnt für die neuen Erstklässler erst am Donnerstag der sogenannte „Ernst des Lebens“. Als mich letzte Woche die Tageszeitung nach meinem ersten Schultag befragte, fiel mir nicht viel ein. Das Wochenende habe ich genutzt, um in Vergangenheit zu stöbern. Und jetzt erinnere ich mich auch wieder an ein fast traumatisierendes Ereignis: Mein blauer Schultüten-Hase ist bei meinen Eltern im Keller ertrunken.

Die Eule. Die wuchtige Flügeltür der Erik-Nölting-Grundschule hat mich als Kind mehr eingeschüchtert als fasziniert. Foto: Lars Friedrich

Die Eule. Die wuchtige Flügeltür der Erik-Nölting-Grundschule hat mich als Kind mehr eingeschüchtert als fasziniert. Foto: Lars Friedrich

Während sich meine beiden Kinder Fotos von ihrer Einschulung digital auf dem Tablet anschauen, halte ich meinen ersten Schultag analog in Händen. Zugegeben: Das „Königsbildes“ von Photo Porst hat nicht mehr die Farbtiefe eines Retina-Displays. Aber mein Einschulungsfoto von 1975 weckt dennoch ganz tolle Erinnerungen an meine ersten vier Lehrjahre an der Erik-Nölting-Grundschule in Welper.

Der kleine Lars mit mütterlicher Begleitung auf dem väterlichen Einschulungsfoto von 1975. Foto: Kurt Friedrich

Der kleine Lars mit mütterlicher Begleitung auf dem väterlichen Einschulungsfoto von 1975. Foto: Kurt Friedrich

Natürlich denke ich da besonders an meine Klassenlehrerin Brigitte Benthaus, die mit uns das Lied vom Cowboy Jim aus Texas und das Starenlied von James Krüss einstudierte. Und an einen Wandertag mit ihr, der unserer Klasse einen Totenschädel bescherte: Wir streiften durch den Welperaner Stadtwald Richtung Blankenstein und entdeckten dort tatsächlich das Oberteil eines knöchernen Schädels, der dann noch mindestens ein Schuljahr – eingepackt in die Reste eines alten Kunststofffußballes – im Klassenschrank lag.

Ich erinnere mich auch noch an unsere Schülerzeitung (nur fällt mir gerade ihr Titel nicht ein) und die Aufregung um einen Artikel über einen Klassenausflug irgendwohin. Wir hatten damals – als Schülerzeitungsreporter natürlich nur der Wahrheit verpflichtet – das Transportvehikel eines örtlichen Busreisebetriebes als „Rostlaube“ bezeichnet und mussten uns tatsächlich in der folgenden Ausgabe für diesen objektiven Journalismus entschuldigen. Es lebe die Pressefreiheit!

Da ich als Sohn einer teppichknüpfbegeisterten Mutter aus meinem Elternhaus nur selbstgemachte Teppiche mit 5 Zentimeter langem Plüsch kannte, ist mir natürlich das schöne, kühle und edle Parkett unseres Klassenraumes als sehr angenehm unter den Füßen im Gedächtnis geblieben. Weit weniger schön war der Anblick mumifizierter Reptilien in einem ausgedienten Terrarium im Treppenhaus der Schule und auch das Schicksal meiner Schultüte, die Mutter und Vater für ihren damals schmächtigen Sohn randvoll mit Schnuckereien gefüllt hatten, war nicht so toll: Die leere Tüte wanderte in einen Kellerraum im Hause meiner Eltern, der für mich Einzelkind als zusätzliches Spielzimmer hergerichtet worden war. Dort stand die rote Tüte mit dem aufgenähten, hockenden blauen Hasen viele Jahre in der Ecke, bis eines Nachmittags ein Unwetter nicht nur die Georg-Herwegh-Straße in eine Seenplatte, sondern auch in Folge den gesamten Keller in einen tiefergelegten Teich verwandelte. Damals ertrank auch der blaue Hase in den kalten Fluten.

Soweit jene Erinnerungen an meine Grundschulzeit, die man weitererzählen kann. Jetzt muss ich aber drauf achten, dass ich das wiedergefundene, dünne A5-Heft mit meinen Grundschulzeugnissen  gut verstecke – man will ja irgendwie den Kindern gegenüber doch Vorbild bleiben.

 

 

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